Versuch einer Einordung der Ukraine/Russlandkrise

Hier ein paar Aspekte unsererseits zur aktuellen Lage in der #Ukraine. Wir glauben, dass für die Bewertung und Einordnung der aktuellen Geschehnisse ein Blick auf die Vorgeschichte des inter-imperialistischen Konfliktes nötig ist. Dieser Konflikt nahm seinen Anfang nicht erst 2014, sondern mit dem Zerfall der Sowjetunion 1991. Somit geht es nicht nur um eine Auseinandersetzung zwischen der Ukraine und Russland, sondern auch um einen »geopolitischen Konflikt unter US-amerikanischer und westeuropäischer Beteiligung« (Ingar Solty, RLS). Nichtsdestotrotz stellt das aktuelle Agieren Russlands eine imperialistische Aggression und eine neue Eskalationsstufe im Ukraine-Konflikt dar.

Eine Weiter Eskalationsstufe ist erreicht

Putin hat per Dekret die selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk anerkannt und daraufhin Truppen dorthin entsendet. Damit wurde eine neue Stufe der Eskalation um die Ukraine eingeleitet.

Die weitere Eskalation des bereits seit 2014 andauernden Krieges in der Ukraine ist eine Katastrophe – vor allem für die ukrainische, aber auch russische Bevölkerung und nicht zuletzt für alle Menschen in Europa. Sie muss auf jeden Fall gestoppt werden. Putin konstruiert in seiner Rede eine nationalistische Erzählung Großrusslands in der die Ukraine unweigerlich um ihre Existenz fürchten muss. Der geplante Einmarsch russischer Truppen ist zu verurteilen. Jedoch folgt daraus nicht, dass wiederum die NATO-Interessen rechtens sind. Beiden Seiten galt die ukrainische Selbstbestimmung bisher nur für die eigenen Interessen. Wichtig ist, dass die von der bürgerlichen Politik und den Medien geforderte Positionierung auf eine der “beiden Seiten” lediglich einer Logik imperialistischer Kriege folgt. Daher sollten wir uns nicht auf die Seite von Staaten oder Militärbündnissen stellen, sondern die Perspektive der Menschen einnehmen, die am meisten unter diesem Konflikt leiden.

Undifferenzierte Feindbilder und Schwarz-Weiß-Denken helfen nicht weiter, weder um die Eskalation zu verstehen, noch zu verhindern. Die russische Staatsführung ist zwar im Moment eindeutig der Aggressor, die NATO-Staaten tragen aber die Hauptschuld daran, dass die aktuelle Konfrontation in Osteuropa überhaupt erst entstehen konnte. Sie haben nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion bewusst darauf verzichtet, Russland in westliche Bündnisse zu integrieren. Man hat auf eine Auflösung der NATO verzichtet, sie stattdessen zu einem Interventionsbündnis umgebaut und Stück für Stück nach Osten erweitert. Statt nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion der russischen Gesellschaft einen eigenen Weg zuzugestehen, hat man die Privatisierung der Wirtschaft mit vorangetrieben bzw. große Teile davon zerschlagen. Ziel war es, neue Absatzmärkte für westliche Unternehmen zu erschließen und Russland zu einem international bedeutungslosen Rohstofflieferanten an der Peripherie des globalisierten Kapitalismus zu machen. Das wurde von einem großen Teil der Bevölkerung als historische Demütigung empfunden.

Ohne die russische Elite aus der Verantwortung nehmen zu dürfen war der Westen Vorreiter von neoliberaler Privatisierungspolitik. Diese ist wesentliche Ursache dafür, dass in Russland eine der ungleichsten Gesellschaften der Welt entstehen konnte. Während ein winziger Teil der Bevölkerung unfassbar reich geworden ist, war der Großteil der Bevölkerung in den 90ern mit existentieller Armut und sozialem Elend konfrontiert. In dieser Situation konnten sich mafiöse Strukturen entwickeln, die eng mit dem Staat verflochten waren bzw. diesen z.T. ersetzten. Teile davon bestehen bis heute. Vor diesem Hintergrund ist ein berechtigtes Misstrauen in der russischen Gesellschaft entstanden, das den Hintergrund für die konfrontative Politik Putins gegenüber dem Westen bildet.

Die Popularität Putins sollte aus diesen Umständen heraus erklärt werden. Er wusste die Situation zu nutzen, um Menschen hinter sich zu sammeln. Unter ihm trat Russland  international selbstbewusster auf, was in der russischen Bevölkerung angesichts der durch den Westen erfahrenen Demütigung der 90er positiv aufgenommen wurde. Repression nach innen und Nationalismus gingen Hand in Hand. Der autoritäre Charakter der Herrschaft in Russland und die Menschenrechtsverstöße sind klar zu kritisieren. Sie dürfen aber nicht als Vorwand für militärische Eskalation dienen. Im Gegenteil sind alle Initiativen zu unterstützen, die die Kriegsgefahr in Osteuropa verringern.

Die westlichen Medien heizen in der Mehrzahl den Konflikt weiter an, indem sie seine Ursachen verschleiern, die russische Position nicht ausreichend darstellen, die Rolle der NATO im Entstehen des Konfliktes aussparen und diplomatische Bemühungen als Schwäche und militärische Drohungen hingegen als Stärke darstellen. 

Aus linker Perspektive ist die praktische Forderung nach einer Auflösung der NATO und der Schaffung neuer Sicherheitsstrukturen unter Beteiligung Russlands nach wie vor aktuell. Erklärtes Ziel dieser Strukturen muss eine stetige Abrüstung sein. Allen voran müssen alle in Europa stationierten Atomwaffen abgerüstet werden. Die Chancen für eine Realisierung dieser Forderung stehen jedoch schlechter denn je zuvor.

Ohne den russischen Einmarsch zu akzeptieren, müssen jegliche kriegstreibenden Reaktionen der NATO sowie Sanktionen, die sich gegen die russische Zivilbevölkerung richten verurteilt werden. Krieg wird immer von und im Interesse der Imperialistischen Staaten und jene, die davon profitieren, geführt und niemals im Sinne der Arbeiter*innen. Der Weg muss zurück an den Verhandlungstisch führen. Wir sollten uns nicht auf die Seite von Staaten oder Militärbündnissen stellen, sondern die Perspektive der Menschen einnehmen, die am meisten unter diesem Konflikt leiden. Somit ist der Rückzug aller russischen Truppen und eine Rückkehr zum Minsker Abkommen notwendig um eine Deeskalation einzuleiten und den Gebieten eine größere Souveränität innerhalb des Ukrainischen Staates zu ermöglichen.

Um diese Forderung wieder in greifbare Nähe zu rücken und auch darüber hinaus handlungsfähig zu werden brauchen wir eine erneuerte selbstbewusste Friedensbewegung, in der linke Kräfte eine führende Rolle einnehmen müssen. Dafür müssen wir die zögerliche Haltung in friedenspolitischen Fragen überwinden, die in einem großen Teil der radikalen außerparlamentarischen Linken existiert. Wir schlagen vor uns auf die Prinzipien der internationalen Solidarität zu besinnen, uns mit unseren Genoss:innen in Russland und der Ukraine solidarisch zu verbinden und gemeinsam der militärischen Eskalation eine breite internationale Bewegung auf der Straße entgegenzusetzen.

Leseempfehlungen:

Solidarität mit den Streiks & Protesten im Sudan

Am 25. Oktober 2021 putschte im Sudan das Militär unter der Führung General Abdel Fattah al-Burhans gegen den zivilen Teil der, nach der sudanesischen Revolution 2019, etablierten Übergangsregierung, welche das Land innerhalb einer vier Jahres Frist zu den ersten demokratischen Wahlen seit 1986 führen sollte. Im Zuge dessen wurden zahlreiche einflussreiche Politiker:innen aus dem zivilen Teil der Regierung und anderen Parteien, Journalist:innen, Vorsitzende zivilgesellschaftlicher Organisationen, verschiedener Berufsverbände und Revolutions-Komitees, sowie Aktivist:innen, Lehrer:innen und Universitätsprofessor:innen festgenommen, unter ihnen auch der Kopf des zivilen Teils der Regierung, Premierminister Abdalla Hamdok. Ebenfalls wurde ein landesweiter Ausnahmezustand durch das Militär ausgerufen und Internet und Telefonverbindungen unter fadenscheinigen Begründungen blockiert, um die Bevölkerung daran zu hindern sich gegen den Coup zu organisieren.

Wir als SDS solidarisieren uns ausdrücklich mit den Protestierenden innerhalb, und außerhalb des Sudan, welche seit dem Putschversuch zivilen Ungehorsam leisten, Straßen blockieren und friedlich für eine zivil-geführte Regierung innerhalb des Landes demonstrieren. Bei Protesten wurden durch Schüsse mit scharfer Munition auf Protestierende und massive Gewalteinwirkung von Sicherheitskräften gegenüber Demonstrierenden bereits Menschen getötet und mehrere hundert teilweise schwer verletzt. Am 30.10.2021 mobilisierten zivilgesellschaftlichen Organisationen im Rahmen eines „March of the Millions“ hunderttausende Menschen auf die Straße und setzten ein Zeichen gegen die unrechtmäßige Machtergreifung des Militärs. Umfassende Generalstreiks wurden von den meisten Gewerkschaften und Berufsverbänden angekündigt und eine der Hauptverkehrsstrecken des Landes nach Ägypten wurde zeitweise von Demonstrierenden blockiert. Große Teile der durch den zivilen Teil der Regierung gestellten Politiker:innen, wie Botschafter:innen im Ausland, die Außenministerin Mariam Al-Sadiq Al-Mahdi und anderer Mitarbeitende in verschiedenen Ministerien blieben dem verhafteten Premierminister Abdalla Hamdok und den sich aus der kritischen Zivilgesellschaft zusammensetzenden „Forces of Freedom and Change“ treu und weigern sich seitdem mit dem Militär zusammenzuarbeiten, sowie dessen Machtanspruch anzuerkennen.

Koloniale & Imperialistische Kontinuitäten im Sudan

In heutigen Konflikten im Sudan spiegeln sich koloniale und imperialistische Machtstrukturen wieder, welche maßgeblich dafür verantwortlich sind, dass ein zentralistischer Staat, unter der Führung des Militärs und in Kooperation mit islamistischen Kräften das politische Feld und die Wirtschaft des Landes teilweise bis heute dominiert. Im Sudan hatte, seit der Unabhängigkeit des Landes 1956, die sich selbst als „Araber“ bezeichnende Mehrheitsbevölkerung einen Großteil der politischen Macht inne und politische Opposition von Seiten sich als „Nicht-Araber“ verstehende nationale Minderheiten wurde in der Vergangenheit systematisch unterdrückt. Konflikte, wie diese gehen auf die rassistische Politik der ehemaligen Kolonialmacht England zurück, die die arabische Mehrheitsbevölkerung stets bevorzugte und ein Verständnis von Zugehörigkeit anhand von (vermeintlicher) ethnischer Identität förderte. Ebenfalls lassen sich in den letzten Jahrzehnten Verstrickungen der CIA mit dem sudanesischen Geheimdienst unter dem 2019 abgesetzten Diktator Omar Al-Bashir nachweisen, welche Teile des Geheimdienstes und Militärs trainiert haben soll, welche wiederum maßgeblich an Kriegsverbrechen, Folter und systematischer Ermordung von politischen Gegnern beteiligt waren. Dies steht im klaren Gegensatz zur offiziellen US-amerikanischen Politik der letzten Jahre, welche das gesamte Land auf Grund seiner Verstrickungen mit Al-Qaida auf die schwarze Liste terrorunterstützender Staaten setzte und somit mit umfassenden Wirtschaftssanktionen bedachte, welche vorwiegend die Lebensverhältnisse der sudanesischen Zivilbevölkerung verschlechterten und wenige der Verantwortlichen der Militärregierung von 1989 bis 2019 traf.

Wir stehen in Solidarität mit den Protesten im Sudan.
Nieder mit dem Militärputsch und Sieg der 3. sudanesischen Revolution!
Für die internationale Revolte!

#الردة_مستحيلة

#العصيان_المدني_الشامل

#لا_لحكم_العسكر

#السودان

#مليونيه13نوفمبر

#SudanUprising

#SudanCoup

#SudanBlackout

Quellen:

Für die bedingungslose Aufnahme aller Flüchtenden. Gegen Krieg, Imperialismus und die rassistische Politik der Bundesregierung.

English version below

Zwei Jahrzehnte Krieg und Besatzung in Afghanistan haben eine Spur der Verwüstung hinterlassen. Das US-amerikanische
Militär, australische Spezialeinheiten und auch die deutsche Bundeswehr begingen während dieser
Zeit unvorstellbare Grausamkeiten an der Zivilbevölkerung. Der sogenannte “Krieg gegen den Terror”, Drohnen-
Morde, Folterexzesse und das Einsetzen des korrupten, unterdrückerischen Ghani-Regimes haben in Afghanistan
ethnische Gräben vertieft und konkurrierende Warlords gestärkt.
Afghanistan liegt in einer geopolitisch zentralen Region. Welcher imperialistische Player auch immer das Land
kontrolliert, kann mit Flugzeugen und Raketen strategische Ziele in ganz Zentralasien binnen kurzer Zeit treffen.
Während des Kalten Krieges kämpften die UdSSR und die USA um Einfluss in der Region.
Die von den Sowjets unterstützte säkulare Marionettenregierung wurde 1992 von den religiös-fundamentalistischen
Mudschahidin, die von den USA massiv finanziell unterstützt wurden, gestürzt. Im darauffolgenden Bürgerkrieg unter
den Mudschahidin Warlords eroberte die Fraktion der Taliban die Macht und errichtete ihr Emirat.
Nach den Terroranschlägen des 11. Septembers intervenierten die USA und ihre Verbündeten, unter anderem
Deutschland, in Afghanistan. Der Vorwand lautete, man wolle einen “Krieg gegen den Terror führen” und die
“westlichen Werte und die Freiheit am Hindukusch verteidigen”. Diese Rhetorik sollte den imperialistischen Charakter
dieses Krieges verschleiern.
Der Krieg vertrieb die Taliban in die Berge und die USA installierten ihr Marionettenregime. Legitimiert wurde dies mit
rassistischer und kolonialer Rhetorik, man würde kommen und die “Frauen befreien” und “Demokratie einführen”.
Eine Sprache, die Großmächte schon immer nutzten, um ihre eigene Expansion als menschenfreundlich
darzustellen.
Die Koalition herrschte 20 Jahre mit Gewalt und Korruption. Sie verschleppte tausende angebliche Taliban in
Foltergefängnisse, ließ lokale Warlords wahllos Massaker verüben, überflutete die afghanische Wirtschaft mit ihren
Waren, um ihre eigene Überproduktionskrisen zu bekämpfen und organisierte illegalen Opiumhandel.
So verspielte sich die Regierung und die NATO-Koalition jeglichen Rückhalt in der Bevölkerung. Die nicht besiegten
Taliban konnten sich allmählich wieder etablieren, indem sie sich als die konsequentesten Kämpfer gegen den
Imperialismus ausgaben und weil kaum jemand sein Leben für die korrupte Regierung aufs Spiel setzen möchte.
Der Zusammenbruch der Regierung in nur wenigen Tagen beweist dies. Doch auch die Taliban haben wenig
Rückhalt beim afghanischen Volk und ihre Machtübernahme bedeutet wieder eine gewalttätige Diktatur.
Frauenrechte werden abgeschafft und vor allem Frauenrechtler:innen, Mitglieder der LGBTQ+ Community und
Linken droht Verfolgung.
Die Taliban sind außerdem nicht antiimperialistisch, wie einige Linke behaupten. Bereits vor der Machtübernahme
haben sie sich mit den Regierungen von China und Russland abgesprochen und Russland evakuierte in Folge eines
Deals mit den Taliban als einziges Land nicht seine Botschaft. Afghanistan wechselte also lediglich den
imperialistischen Block.
Linke, die erneute Intervention fordern, geben sich selbst zu Gunsten der Interessen von Biden und Maas auf. Linke
wurden unter beiden Regimen verfolgt. Nur eine konsequente Antikriegshaltung, die Forderung nach der
bedingungslosen Aufnahme aller Flüchtenden und die Unterstützung der Opposition gegen den Krieg und
Waffenexporte können unsere Antwort sein.
Jetzt heißt es für uns in Deutschland, den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen, damit die viel zu späten
Abschiebestopp nach Afghanistan aufrechtzuerhalten, weitere Abschiebungen zu verhindern und die Aufnahme der
fliehenden Menschen durchzusetzen. Auch die noch ausstehenden Asylanträge müssen jetzt genehmigt werden,
damit den Menschen in den Camps in Griechenland und auf der Balkanroute die Einreise ermöglicht werden kann.
Afghanistan war nie sicher. Die Menschen in diesem vom Imperialismus gebeutelten Gebiet verdienen die Solidarität
und Unterstützung von uns allen!

For the unconditional welcoming of all refugees. Against war,
imperialism and the racist policies of the Federal Government.

Two decades of war and occupation in Afghanistan have left a trail of devastation. The US military,
Australian special forces and also the German “Bundeswehr” (Federal Defence) committed unimaginable
atrocities against the civilian population during this time. The so-called “war on terror”, drone killings,
torture excesses and the installation of the corrupt, oppressive Ghani regime have deepened ethnic
divides and strengthened competing warlords in Afghanistan.
Afghanistan is located in a geopolitically central region. Whichever imperialist player controls the country
can strike strategic targets across Central Asia with planes and missiles within a short time. During the
Cold War, the USSR and the USA fought for influence in the region.
The Soviet-backed secular puppet government was overthrown in 1992 by the religious fundamentalist
group Mujahidin, who received massive financial support from the US. In the ensuing civil war under the
Mujahidin warlords, the Taliban faction seized power and established their emirate.
After the terrorist attacks of September 11, the USA and its allies, including Germany, intervened in
Afghanistan. The pretext was to “wage a war on terror” and to “defend Western values and freedom in
the Hindu Kush”. This rhetoric was meant to conceal the imperialist character of this war.
The war drove the Taliban into the mountains and the USA installed its puppet regime. This was
legitimised with racist and colonial rhetoric that they would come and “liberate women” and “introduce
democracy”. The framing that imperialistic powers have always used to portray their own expansion as
people-friendly.
The coalition ruled for 20 years with violence and corruption. It dragged thousands of alleged Taliban into
torture prisons, let local warlords commit indiscriminate massacres, flooded the Afghan economy with its
cheap goods to compensate its own overproduction crises and organised illegal opium trade.
In this way, the government and the NATO coalition gambled away any support among the population.
The undefeated Taliban were able to gradually re-establish themselves by posing as the most consistent
fighters against imperialism and because hardly anyone wants to risk their lives for the corrupt
government. The collapse of the government in just a few days proves this. But the Taliban also have
little support among the Afghan people, and their assumption of power means another violent
dictatorship. Women’s rights are being abolished and especially women’s rights activists, members of the
LGBTQ+ community and leftists are threatened with persecution.
People who call for renewed intervention are abandoning themselves in favour of the interests of Biden
and Maas. Leftists were persecuted under both regimes. Only a consistent anti-war stance, the demand
for unconditional admission of all refugees and support for the opposition to war and arms exports can be
our answer.
Now it is up to us in Germany to increase the pressure on the federal government to uphold the far too
late stop of deportations to Afghanistan, to prevent further deportations and to enforce the admission of
the fleeing people. The outstanding asylum applications must also be approved now so that the people in
the camps in Greece and on the Balkan route can be allowed to immigrate. Afghanistan has never been
safe. The people in this imperialist-torn area deserve the solidarity and support of us all!

Studentischer Protest bei gestriger Senatssitzung – Rektorin glänzt mit Gutsherrenart – Präsenzsemester soll kommen – konkrete Pläne Fehlanzeige

Selten genug, dass sich Studierende der Universität Leipzig für eine Sitzung des Senats interessieren – doch heute wollte eine Gruppe von ca. 30 Studierenden Bewegung in die müde Veranstaltung bringen. Ausgestattet mit großen Pappschildern wurde die Öffnung der Universität und die Planung und Durchführung des kommenden Wintersemesters als Präsenzsemester gefordert, selbstverständlich unter Beachtung der pandemischen Lage und der erarbeiteten Hygienekonzepte. Wie viel man von Demokratie und studentischer Mitbestimmung hält, machte die Rektorin von Anfang an deutlich. Zugunsten von Gästen, die man nicht zu lange aufhalten wolle, würde man gerne die Tagesordnung umstellen. Gemeint waren damit aber nicht die anwesenden Studierenden, sondern der Vorsitzende des Hochschulrates Hans-Gerhard Husung, seines Zeichens Sozialdemokrat und Verwaltungsbürokrat (wen interessiert, was Sozialdemokrat sein in Deutschland heutzutage bedeutet, dem sei der Internetauftritt von Husungs privater Beratungsagentur empfohlen, die Husungs „Know-How“ und wahrscheinlich auch Netzwerk und Insiderwissen für entsprechendes Entgelt an Bewerber:innen vermittelt: https://www.consulthus.eu/coaching.html). Wirkungsvoller kann man seine Verachtung für Studierende kaum zur Schau stellen. Zur Erinnerung: Der Hochschulrat ist jenes von der damaligen schwarz-gelben Koalition eingeführte Gremium, das die Hochschulautonomie vollständig untergräbt und den Einfluss der Landesregierung auf die Hochschule und deren Leitung sichert. Nicht dass an sächsischen Hochschulen noch jemand auf demokratische Ideen kommt, wo kämen wir hin.

Auch im Anschluss konnten die anwesenden Studierenden hautnah erleben, welche demokratische Kultur diese Universität pflegt, die deutschlandweit gerne mit einem links-grünen Image kokettiert, um „weltoffene“ Studierende aus allen Himmelsrichtungen von einer Einschreibung in Leipzig zu überzeugen. Die vom Vertreter der akademischen Beschäftigten Thomas Riemer vorgebrachten Anträge zur Änderung der Tagesordnung wurden erst mit langen Gegenreden beantwortet und im Anschluss nicht einmal zur Abstimmung gestellt. Letztlich stellte die Rektorin ausschließlich einen einzigen Vorschlag zur Tagesordnung zur Abstimmung, nämlich ihren eigenen. Dass sich der Senat diese Frechheit und Bevormundung gefallen ließ, indem er der Tagesordnung mit wenigen Gegenstimmen zustimmte, scheint unverständlich. Ausschlaggebend war wohl einfach der große Wunsch endlich in die eigentliche Tagesordnung einzusteigen.

Es folgten über anderthalb Stunden Vorträge von sehr wichtigen Männern zu sehr wichtigen Themen. Wer muss alles einer Rektor:innenwahl beteiligt werden, was ist das iDiv, welche Zielvereinbarungen hat die Uni mit dem Ministerium geschlossen. Mit einer Mischung aus Verwunderung, Unglauben und Empörung folgten wir diesem Spektakel. Dieses antidemokratische Verhalten der Hochschulleitung zeigte Wirkung. Zwei Stunden nach Beginn der Sitzung war die Hälfte der Studierenden verständlicherweise wieder verschwunden.

Nach 2 Stunden, als der erlauchte Herr Husung das Auditorium Maximum natürlich längst verlassen hatte, erbarmte sich die Rektorin den Tagesordnungspunkt zur Planung des Wintersemesters 21/22 aufzurufen. Wesentliche Punkte seien die Öffnung der Gebäude, die bereits seit 1.7. umgesetzt werde und die Impfung einer großen Zahl von Studierenden, an der sich die Uni lobenswerterweise mit einer eigenen Impfkampagne und Impfangeboten beteilige. Wer in letzter Zeit schon einmal den Hauptcampus besucht hat weiß allerdings, dass „Öffnung“ aktuell nicht wirklich den Tatsachen entspricht. Erfreulich sind hingegen die geöffneten Bibliotheken und Mensen, wobei das eigentlich kein besonderes Lob verdient, sondern bei entsprechenden Inzidenzen eine Selbstverständlichkeit ist. Das gemeinsame Ziel, so die Rektorin weiter, sei eine weitestmögliche Präsenzlehre im Wintersemester. Entsprechend würde das Semester auch geplant werden. So würde zum Beispiel auch die vollständige Bestuhlung der Räume wiederhergestellt, in denen gelehrt wird. Trotzdem
werde man auf digitale Angebote zurückgreifen und etwa bei Veranstaltungen mit über 60 Personen parallel Präsenz und digitale Teilnahme anbieten. Ein Hygienekonzept im engeren Sinne, etwa die Zulassung der Personenzahl pro zur Verfügung stehende m², könne erst zu einem späteren Zeitpunkt vorgestellt werden, wenn das Semester näher rücke. Übergeordnete Regelungen könnten im Zuge einer erneuten Verschärfung der Pandemielage erneut zur Unmöglichkeit von Präsenzlehre führen. Was man im Rektorat überhaupt nicht verstehen könne sei, warum bei den Studierenden ankomme, dass man die Uni Leipzig zur Fernuni umbauen wolle. Man habe derartiges auf der Corona-Website und in Rundmails an die Studierenden auch betreffend das Wintersemester nie verlauten lassen – das seien Fehlinformationen der lokalen, so Prorektor Hofsäß wörtlich, „Journaille“.

Von studentischer Seite wurde dann eingefordert, diese Auffassungen auch präzise und deutlich zu kommunizieren. Abstrakte Halbsätze auf der Website und in Rundmails, seien eher geeignet Unruhe und Buschfunk zu provozieren. Was viele der anwesenden Studierenden wirklich überrascht haben dürfte ist jedoch die tatsächliche Planlosigkeit der Hochschulleitung beim weiteren Vorgehen, das Fehlen konkreter Vorbereitungen auf verschiedene Szenarien. Absichtserklärungen schön und gut, aber was passiert denn nun konkret zu welchem Zeitpunkt, bei welcher Inzidenz und welcher Hospitalisierungsrate? Die anwesenden Studierenden verleihen ihrer Forderung nach der Rückkehr zur Präsenz ja vor allem deshalb Ausdruck, weil sie der Überzeugung sind, dass viele Studierende noch ein solches Semester schlicht nicht mitmachen, nicht mehr aushalten. Auch verfestigte sich der Eindruck, dass die Dringlichkeit des Anliegens und der Belastungsgrad vieler Studierender beim Rektorat nicht wirklich klar ist. Kaum einmal wurde von psychischen Belastungen gesprochen, schon gar nicht von ökonomischen Problemen und deren Wechselwirkungen. Man könnte meinen, in den großzügigen Büros und Wohnungen der Rektoratsmitglieder geraten solcherlei Probleme schnell in Vergessenheit. Man scheint sich bezüglich der hinlänglich bekannten Szenarien für den Herbst und Winter auf den lieben Gott und die Landesregierung zu verlassen. Was passiert denn, wenn die Delta-Welle wirklich kommen sollte? Die Studierenden wollten klarmachen, dass es dann nicht einfach nahtlos und ohne Rücksicht auf Verluste ins nächste Digitalsemester gehen darf. Es wurde aber deutlich, dass hier nicht nur ein Kommunikationsproblem, sondern auch große Planlosigkeit vorherrscht. So wiesen auch Vertreter:innen aus den Reihen der akademisch Beschäftigten und der Profs wiederholt darauf hin, dass man von den Dozent:innen nicht verlangen könne, das Semester als Präsenzsemester UND als Digitalsemester zu planen und dann einfach hin- und her zu switchen. Das sei ein unmöglich zu gewährleistender Aufwand.

Was bleibt hängen von diesem denkwürdigen Nachmittag? Einerseits Verblüffung darüber, dass nach der anfänglichen Show bei der Hochschulleitung – wenn die geäußerten Absichten den tatsächlichen Absichten entsprechen – Konsens zu den Forderungen der Studierenden nach Öffnung und Präsenz besteht. Ob der zur Schau gestellten demokratischen Kultur bleibt aber auch einiges an Wut und Enttäuschung im besten Sinne des Wortes. Denn dass diese Universität ein Hort der Kommunikation auf Augenhöhe, der Demokratie und der kritischen Wissenschaft ist oder dies aus eigener Kraft noch wird, darüber sollte man sich wirklich keine Illusionen machen. Das Rektorat regiert durch und keine der wirklich zentralen Entscheidungen liegen in der Hand des Senats. Wenn tatsächliche demokratische Mitbestimmung gewollt wäre, hätte man auch zugleich antidemokratische und repressive CDU-Minister an der Hacke, nur darauf wartend am Geldhahn zu spielen. Wer die Hochschule verändern will, wer Demokratie und Mitbestimmung will, darf die Mühen der Ebene und die Gremien der Hochschule nicht scheuen – nirgendwo lernt man effektiver, wie Herrschaft im Neoliberalismus organisiert wird. Aber man kommt nicht daran vorbei, die Verhältnisse als solche zum Tanzen zu bringen. Von Landesregierung und Hochschulleitung haben wir nichts zu erwarten, ohne Druck läuft gar nichts.

Der SDS Leipzig unterstützt die protestierenden Studierenden und ihre Forderungen und steht an ihrer Seite. Gerne helfen wir mit, Druck zu organisieren. Wir rufen deshalb alle Studierenden auf, sich der Versammlung am Mittwoch den 14.07. um 16 Uhr, Paulinum anzuschließen und ihre Forderungen, Ängste, Nöte und Einschätzungen vorzutragen. Wir selbst werden vor Ort sein. Außerdem versuchen wir als Gruppe ununterbrochen herauszufinden, wie wir die Verhältnisse wirklich zum Tanzen bringen – für die demokratische Hochschule, für eine Welt, in der wir über unsere Leben eigenständig, eigenverantwortlich, rücksichtsvoll und demokratisch entscheiden können.

Statement zu #Le1505

Plädoyer für eine gesellschaftliche Linke, die progressiven palästinensischen und israelischen Akteur:innen den Rücken stärkt 

Am 15.05. wurde in Leipzig zu zwei Kundgebungen auf dem Augustusplatz aufgerufen. Auf der einen Seite nahm die palästinensische Kundgebung die Geschehnisse in Sheikh Jarrah zum Anlass, um sich mit den betroffenen Palästinenser:innen zu solidarisieren. Diesen droht nach den Räumungen durch die israelische Polizei die Zwangsumsiedlung und Obdachlosigkeit. [1] Darüber hinaus wurde die Forderung nach der Beendigung des Krieges und der israelischen Besatzungspolitik laut. Zur gleichen Zeit fand auf der anderen Seite des Augustusplatzes die Kundgebung »Gegen jeden Antisemitismus und Solidarität mit Israel« statt, welche in Solidarität mit den Opfern der Raketenangriffe der Hamas organisiert und als Reaktion auf die Kundgebung zu #SaveSheikhJarrah am gleichen Ort angemeldet wurde.

Einzelpersonen unserer SDS Gruppe haben an der Kundgebung #SaveSheikhJarrah teilgenommen, um sich mit der palästinensischen Diaspora in Leipzig zu solidarisieren. Ein gruppeninterner Diskussionsprozess zur Situation in Nahost hat im Vorfeld nicht stattgefunden, weshalb wir auch zu keiner der beiden Kundgebungen mobilisiert haben. Ausgehend von den Erfahrungen unserer Genoss:innen von der Kundgebung wollen wir nun aber eine Debatte innerhalb der gesellschaftlichen Linken anregen, die die palästinensischen Proteste diskutiert und an den aufkommenden jüdisch-palästinensischen Bündnissen anknüpft.

1. Eindrücke von der Kundgebung

Es war eine kraftvolle und friedliche Versammlung. Anders als zum Teil berichtet wurde, gab es bis auf eine verbale Konfrontation zu Anfang keine ernsthaften Zwischenfälle. Augenscheinlich haben sich viele Palästinenser:innen und migrantische Familien an der Versammlung beteiligt. Auf zahlreichen Schildern war zu lesen: »Palästina für Muslime, Juden, Christen und alle… aber nicht für Besatzung, Siedlung und Unrecht.« oder »Dear Palestinians, Your voices will be heard.« In verschiedenen Sprechchören erklang »Free Palestine« und wütend wurde der Stopp der Bomben auf Gaza gefordert.

Teilnehmer:innen riefen auch: »Wir sind gegen Israel«
Noch häufiger aber wurde der Ruf laut: »Wir sind nicht gegen Juden!«. In einem Zwiegespräch sagte in diesem Sinne ein Palästinenser zu einem Israeli: »Wir haben nichts gegen Euch. Du bist Jude, ich bin Moslem – das ist scheiß egal. Es geht nicht um Religion, für uns ist das ein politischer Konflikt.« Diese Unterhaltung hat unseren Eindruck bekräftigt, dass die Kritik an Israel, wie auch seitens der Kundgebung betont, sich nicht gegen Jüdinnen:Juden, sondern gegen die israelische Besatzungspolitik richtet. 

Unserer Wahrnehmung nach ging es auf der Kundgebung somit in allererster Linie um Frieden und um ein Ende der Besatzungspolitik. Von den Rufen »Kindermörder Israel« grenzen wir uns jedoch ausdrücklich ab. Diese wurden von den Organisator:innen ebenso abgelehnt und versucht zu unterbinden. Von vielen Menschen in Deutschland wird die Parole als eine Anlehnung an Ritualmordlegenden des feudalistischen Europas über einen vermeintlich jüdischen Blutdurst verstanden, weswegen sie den Zielen des Protests nicht dienlich ist. Uns erscheint ein differenzierter Blick darauf angebracht und wir schließen uns dem israelischen Autor Yossi Bartal an, wenn er sagt, dass hierfür Aufklärung notwendig ist: »Ja, ich finde, sie sollten es wissen. Sie sind in Deutschland, sie rufen auf deutsch, sie sollten wissen, in welchem Umfeld sie sich bewegen, und hier brauchen wir Bildungsarbeit. Aber sie wissen es nicht, und daher ist ihre Motivation nicht unbedingt antisemitisch.« [2]

Auf der Kundgebung gab es zudem Rufe von einzelnen Teilnehmer:innen wie »Palästina ist arabisch-muslimisch und christlich« und »Mit Blut und Geist erlösen wir dich, Al-Aqsa« die auf arabisch ausgingen. Diese Ausfälle wurden im Nachgang an uns herangetragen und wir verurteilen sie aufs Schärfste. Die explizit antisemitischen Ausrufe müssen unbedingt zu einem direkten Ausschluss von der Kundgebung führen. Die Pöbeleien eines kleinen Teils der Teilnehmer:innen, die sich an die gegenüberliegende Kundgebung richteten wurden von den Ordner:innen direkt in die Schranken gewiesen. In unserer Wahrnehmung waren es v.a. Jugendliche, die sich von der Kundgebung auf der anderen Seite des Augustusplatzes provoziert gefühlt haben.

Es wäre aber gänzlich falsch, die friedliche Kundgebung #SaveSheikhJarrah für diese antisemitischen Ausfälle von Kleingruppen in Kollektivhaft zu nehmen, wie bspw. in der LVZ geschehen.[3]
Für uns ist zweierlei von elementarer Bedeutung. Erstens: Die antisemitischen Rufe kamen von einer geringen Anzahl der Teilnehmer:innen, die Mehrheit positionierte sich mit »Wir sind nicht gegen Juden« wieder und wieder entgegengesetzt und versuchte diese Teile mit anderen Sprechchören zu übertönen. Zweitens: Die Unruhe in Richtung der gegenüberliegenden Kundgebung kam für uns, um ehrlich zu sein, nicht überraschend und erscheint uns auch nicht abwegig. Die israelsolidarische Kundgebung wurde zur gleichen Zeit, am gleichen Ort nachzüglich angemeldet. So konnte diese Kundgebung für viele Palästinenser:innen nur als Gegenkundgebung verstanden werden. Wenn nun von einer angespannten Stimmung die Rede ist, gehört zur Einordnung auch zu sagen, dass Teilnehmer:innen der palästinensischen Kundgebung durch die Gegenkundgebung mit dem Generalverdacht des Antisemitismus konfrontiert waren, der ihnen durch große Banner unmittelbar vermittelt wurde. Der pauschalisierende Antisemitismus-Vorwurf gegenüber der gesamten Kundgebung sollte spätestens in dem Moment in Frage gestellt werden, wo auf der palästinensischen Kundgebung Israelis sprachen und musizierten, dafür Applaus erhielten und Israelis und Palästinenser:innen Seite an Seite für gerechten Frieden in Nahost zusammen standen.

2. Die bundesweiten pro-palästinensischen Demonstrationen

Neben unserer Überzeugung, dass Menschen ein Recht darauf haben, gegen lebensunwürdige Bedingungen in Israel, Gaza und der Westbank zu protestieren und unserem Unverständnis darüber, dass diese Anliegen hierzulande kaum Beachtung finden, halten wir es für besonders wichtig, auch bei diesen Veranstaltungen als Linke sichtbar präsent zu sein. Wenn es der hiesigen Linken nicht gelingt, Bezüge zu palästinensischen Communities aufzubauen, die auf Missstände in Israel und Palästina aufmerksam machen, sollten wir uns über die Vereinnahmung von rechtsextremen Kräften wie den »Grauen Wölfen« nicht wundern. Wir haben die palästinensischen Demonstrationen bundesweit verfolgt und waren angewidert von der antisemitischen Gestalt der Proteste in Gelsenkirchen. Die antisemitischen Angriffe auf Synagogen wie in Bonn sind schändlich. Ein Protest gegen israelische Politik darf sich niemals gegen jüdisches Leben richten, schon gar nicht in Deutschland. Diese Klarstellung unsererseits stellt kein Lippenbekenntnis dar: Genau so, wie wir unter Einsatz unserer körperlichen Integrität Nazis blockieren und versuchen von der Abschiebung bedrohte Geflüchtete zu verteidigen, werden wir dies wenn notwendig ohne Zweifel auch zum Schutz von Synagogen und jüdischem Leben tun.

In Leipzig war von einer rechtsextremen Vereinnahmung aber nichts zu erkennen. Mehr noch standen wir auf dieser Kundgebung gemeinsam mit Menschen, die ausdrücklich antifaschistisch Stellung bezogen haben. Ordner:innen verteilten Zettel, worauf klar abzulesen war, dass weder Rassismus noch Antisemitismus auf der Kundgebung etwas zu suchen haben. Von der Bühne aus wurde »Bella Ciao« und »Hoch die Internationale Solidarität« angestimmt und lautstark gesungen.

Aus den Negativbeispielen wie in Gelsenkirchen und Bonn, aber auch aus unseren positiven Eindrücken in Leipzig folgern wir, dass die gesellschaftliche Linke im Umgang mit der Nahost-Frage und im Sinne einer friedlichen Ko-Existenz nur vorankommen kann, wenn eine Hinwendung zu palästinensischen und israelischen Communities erfolgt. Darin sehen wir die Chance, die Erfahrungen von Unterdrückung und Diskriminierung von Jüdinnen:Juden und Palästinenser:innen rassismus-, antisemitismus-, aber auch herrschaftskritisch zu politisieren. Wir begreifen solche Proteste wie am 15.05. in Leipzig als Bewegungen, in denen es auch darum gehen muss, um politische Kräfteverhältnisse und Deutungen zu ringen. Das sollte insbesondere dann unsere Aufgabe sein, wenn diese Proteste drohen von rechts eingenommen zu werden. 

Die öffentliche Debatte über die Demonstrationen wird durch die Bundesregierung und rechte Politiker:innen, Springer und Co. gezielt rassistisch aufgeladen. So kann man in der »BILD-Zeitung« lesen, dass der Antisemitismus ein »importiertes Problem« sei. Springer bläst damit in das Horn deutscher Antisemit:innen wie der AfD, was angesichts dieser und verschwörungstheoretischen Querdenker:innen oder Aufstiegs-Randalen von Dynamo Hooligans ein schlechter Witz ist.

In Hinblick auf die palästinensischen Opfer in Gaza wird von linken Akteur:innen nicht selten als einziger Bezugspunkt die Hamas genannt. Diese ist natürlich antisemitisch und auch für Missstände in Gaza verantwortlich zu machen. Lediglich aber #FreeGazaFromHamas als Reaktion auf die über hundert Toten und mittlerweile 17.000 obdachlosen Palästinenser:innen durch die israelischen Militärschläge [4] anzuführen, hilft niemandem in Gaza weiter und ist zudem politisch unterkomplex. Die Hamas als alleinige Ursache für die soziale Misslage in Gaza zu bestimmen übergeht dabei v.a. drei Tatsachen: Erstens das Machtverhältnis in Nahost; zweitens die strategische Bedeutung der Hamas für die aktuelle rechte Regierung Israels – so ließ Netanjahu auf einer Parteiversammlung der Likud-Partei im März 2019 durchblicken: »Wer die Gründung eines palästinensischen Staates verhindern will, muss die Stärkung der Hamas unterstützen. Das ist Teil unserer Strategie – eine klare Trennung zwischen den Palästinensern in Gaza und denen im Westjordanland zu schaffen.« [5] und drittens wird der Blick darauf verstellt, dass der palästinensische Widerstand gegen die Besatzung älter ist als die aktuelle israelische Rechtsregierung und älter als die Hamas. 

3. Fazit

Mit Sorge blicken wir auf die politische Entwicklung in Israel, wo unter Führung Netanjahus die Regierungspolitik der Likud-Partei in den letzten Jahren eine Rechtsverschiebung der politischen und gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse in Israel befeuert hat. Mit Sorge blicken wir auch auf die Macht der Hamas, die in keinster Weise als Repräsentantin der gesamten palästinensischen Bevölkerung angesehen werden darf. Beides sind Faktoren, die den Frieden in Nahost blockieren. Klar ist für uns, dass ein Bestandteil auf dem Weg zu gerechtem Frieden in dieser Region die Kritik an der vorherrschenden israelischen Politik beinhalten muss, die wiederum streng zu trennen ist von einer Infragestellung jüdischen Lebens selbst. Wir wissen, dass diese Unterscheidung im Einzelfall schwer fällt, wir wissen, dass Linke nicht per sé immun gegen Antisemitismus sind und wir wissen, dass es israelbezogenen Antisemitismus gibt. Wir wissen, dass wir sensibel sein müssen, ohne grundsätzliche Fragen von Recht und Unrecht aus den Augen zu verlieren. Deshalb knüpfen wir an die progressiven internationalen Debatten an, die eine fortschreitende Verdrängung von Palästinenser:innen durch die israelische Siedlungspolitik zurückweist. [6] Und dazu gehören eben auch progressive israelische und palästinensische Akteur:innen, denen eine deutsche Linke zuhören muss und an denen sie sich orientieren sollte, anstatt die eigene vermeintliche moralische Überlegenheit zur Schau zu stellen. [7] Wer sich bei jeder Eskalation in Israel und Palästina reflexhaft in Israelfahnen hüllt, verliert jeden Hebel, um mit und in migrantischen Communities politische Kräfteverhältnisse zu verschieben und die tatsächlichen Ursachen der Gewalt zu bekämpfen. Er verliert auch jede Möglichkeit für antisemitismuskritische Sensibilisierung, gerade im Kontext der deutschen Geschichte. Wenn die reale Unterdrückung der Palästinenser:innen geleugnet wird, eröffnet dies reaktionären und offen faschistischen und antisemitischen Gruppen sich als einzig glaubhafte Partner:innen der Palästinenser:innen zu inszenieren und ihr ekelhaftes Weltbild auf eine breitere Basis zu stellen. Deshalb müssen wir Analysen anbieten, die die Wurzel des Konflikts erfassen, linke und kritische Anknüpfungspunkte schaffen und politische Lösungen suchen, die auf ungerechte und kontraproduktive Pauschalisierungen und Beschuldigungen verzichten. 

Wir sind erschöpft von der Debatte und traurig über die Verachtung und Missgunst, die den jüdischen und palästinensischen linken Stimmen in Deutschland entgegengebracht wird. Wir sind enttäuscht über das Schweigen zahlreicher linker Akteur:innen in Leipzig über die aktuelle Situation und wütend über die zum Teil grausigen Debatten hierzulande. Der Besuch von Teilen unserer Gruppe auf einer palästinensischen Demonstration für Frieden, gegen Vertreibung und Besatzung steht keineswegs im Widerspruch mit der Solidarisierung gegenüber den Opfern antisemitischer Gewalt in Israel, noch mit einem konsequenten Kampf gegen Antisemitismus in Deutschland. Wir stellen uns gegen jede Form von Antisemitismus, ob in Form des Verbrennens israelischer Fahnen, von Steinen gegen Synagogen oder der Gewaltandrohung gegenüber jüdischen Menschen in Deutschland. [8] Diskriminierung, Unterdrückung und Krieg dürfen nicht unwidersprochen bleiben und für uns ist klar, dass das beste Gegenmittel nur der Aufbau einer starken migrantischen, antirassistischen und antisemitismuskritischen Linken sein kann. 

»Last but not least, I would like to remind the people who will join the other demonstration with the Israeli flags and the IDF Tshirts: Questioning the moral intention of the Israeli state is not Antisemitism, but canceling the voices of Jewish people because they don’t fit the Zionist narrative you all really like because it helps you sleep at night instead of talking to your grandparents – this is Antisemitism.«

Aus der Rede einer jüdisch-israelischen Aktivistin auf der Kundegbung #SaveSheikhJarrah.

Für weitere Informationen:

[1] »Mehr als ein paar Häuser.« Zur Bedeutung Sheikh Jarrahs und den Zwangsräumungen, 12.05.21.

https://www.medico.de/blog/mehr-als-ein-paar-haeuser-18183

[2] »Bist du Jude?« Interview mit dem deutsch-israelischen Autor Yossi Bartal, 16.05.2018

https://www.freitag.de/autoren/elsa-koester/bist-du-jude

[3] LVZ Demoticker, 15.05.21. 

https://www.lvz.de/Leipzig/Polizeiticker/Polizeiticker-Leipzig/Antisemitische-Parolen-bei-Palaestinenser-Demo-in-Leipzig

[4] »Meine Sorge sind die Vertriebenen.« Artikel zur Obdachlosigkeit durch die Bombardierung Gazas, 14.05.2021.

https://taz.de/Krieg-zwischen-Israel-und-der-Hamas/!5772318/

[5] Netanjahu’s Äußerung zur strategischen Rolle der Hamas, 07.05.2019.

https://mida.org.il/2019/05/16/%D7%9E%D7%99%D7%98%D7%95%D7%98-%D7%A9%D7%9C%D7%98%D7%95%D7%9F-%D7%94%D7%97%D7%9E%D7%90%D7%A1/

[6] Offener Brief von Wissenschaftler:innen und Kulturschaffenden gegen die Unterdrückung von legitimer Kritik an der israelischen Regierungspolitik, 28.07.2020. 

https://www.deutschlandfunkkultur.de/offener-brief-zum-antisemitismus-begriff-verengung-der.1013.de.html?dram:article_id=481391

[7] Demonstrationen an über 30 Orten jüdischer und arabischer Israelis gegen Krieg, Gewalt und Rassismus, 13.05.2021.

https://twitter.com/mekomit/status/1392875669177180162

The Israeli Information Center for Human Rights in the Occupied Territories

https://www.btselem.org/

Standing Together, Israel’s Jewish-Arab Grassroots Movement

https://www.standing-together.org/english

[8] »Wer Israelflaggen anzündet, ist nicht links.« Interview mit Gregor Gysi, 16.05.2021.

https://www.spiegel.de/politik/deutschland/gregor-gysi-ueber-nahostkonflikt-wer-israelflaggen-anzuendet-ist-nicht-links-a-317c0afe-2276-4c7c-80b3-ca0bb9a27cca

Woher kommt Karliczeks Vorschlag für einen 650€-Kredit?

Am Donnerstag hat Bildungministerin Anja Karliczek endlich ihr Unterstützungsprogramm für Studierende vorgestellt, die aufgrund von Jobverlust wegen der aktuellen Pandemie in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. 650 € können Betroffene jetzt pro Monat in Form eines zinslosen Kredits bekommen – also zinslos, wenn man ihn bis März 2021 zurückzahlen kann! Das finden wir richtig frech. Selbst der Zusammenschluss von Universitäten „German U-15“ stellt fest: „Es ist nicht akzeptabel, dass sich ausgerechnet die bereits finanziell in Not geratenen Studierenden auch noch verschulden müssen.“

Doch warum besteht die CDU eigentlich auf eine Kreditlösung? Warum will der Koalitionspartner SPD in der Krise lieber den BAföG-Anspruch ausweiten? Und warum geht auch dasnicht weit genug? Wer das verstehen will, muss einen Blick auf eine der härtesten und dauerhaftesten hochschulpolitischen Auseinandersetzungen der letzten Jahrzehnte zu werfen: Die der Studienfinanzierung.

Die neoliberale Bildungsreform der letzten Jahrzehnte war auch mit einem stetigen Wandel der Studienfinanzierung verbunden: Als das BAföG 1971 eingeführt wurde, war es noch ein Vollzuschuss. Das wurde bereits im Laufe der 70er verändert und zwischenzeitlich das BaFöG ab 1982 sogar zu einem reinen Kredit umgebaut. Seit 1990 gibt es das heute bekannte Modell: Halb Kredit, halb Zuschuss. Die Hälfte des erhaltenen Geldes muss also nach Abschluss der Ausbildung zurückgezahlt werden. Bis heute ist der Anteil der Studierenden, die BAFöG erhalten, immer weiter gesunken. Lag er 1972 noch bei über 44%, waren es 2016 nur noch 18%. Gleichzeitig wird vor allem seit den 90ern die Studienfinanzierung über Kredit, Stipendium und Nebenjob immer weiter ausgebaut. 2016 waren deutschlandweit 61% der Studierenden erwerbstätig. Ziel des Umbaus der Studienfinanzierung ist eine Annäherung an das US-amerikanische Modell, wo sich Studierende entweder verschulden oder regelmäßige Leistungsnachweise erbringen müssen, um ihre Studienfinanzierung zu sichern (wobei in den USA die Situation durch hohe allgemeine Studiengebühren noch wesentlich schlimmer ist als hierzulande – deren Einführung konnte in Deutschland durch erfolgreiche Massenproteste verhindert werden).

Wenn Ministerin Karliczek sich jetzt weigert, in der Krise den BAFöG-Anspruch auszuweiten und stattdessen auf Finanzierung über Kredite setzt (mit einer zähneknirschenden SPD, die eher auf einen Zuschuss orientiert), dann ist das eine Auseinandersetzung, die vor diesem Hintergrund geführt wird.Während die SPD das BaFöG nämlich seines entstellten Zustandes zum Trotz noch immer als wichtiges Instrument zur Herstellung von „Chancengleichheit“ im Bildungssektor erachtet, ist die Bildungspolitik der CDU ist auf eine weitere Schwächung des BAFöG orientiert, um die Studienfinanzierung weiter neoliberal umzustrukturieren. Heißt: Weniger staatliche Förderung und Ausgaben, Beseitigung der bestehenden und schon heute nicht ausreichenden Solidarmechanismen zugunsten von Renditemöglichkeiten für Banken (Stichwort private Studienkredite), die Zementierung bestehender Ungleichheit von Bildungsmöglichkeiten und die Erhöhung des individuellen Drucks auf jede*n Einzelne*n – verbunden mit der Erschwerung oder Verunmöglichung aktiv an demokratischen Prozessen teilzunehmen. Wer bringt nach 8 Stunden Seminar und 4 Stunden Lohnarbeit noch die Kraft auf, gegen unfaire Prüfungsleistungen und schlechte Bezahlung aufzubegehren?

Es ist kurzgefasst: Politik im Sinne und Interesse der Herrschenden.
Und welche Rolle spielen wir als Linke, als Sozialist*innen in diesem Zusammenhang? Auf der einen Seite wollen wir das BAFöG als sozialdemokratische Errungenschaft gegen neoliberale Angriffe verteidigen. Auf der anderen Seite wird auch das BAFöG von vielen Studierenden zurecht als Gängelung empfunden. Die Beantragung ist nervtötend, man muss seine finanzielle Situation preisgeben, sich eventuell mit Eltern auseinandersetzen und die Berechnung ist manchmal nicht nachvollziehbar. Und dann muss es natürlich auch noch zum Teil zurückgezahlt werden. All das führt dazu, dass viele dann doch lieber jobben gehen, obwohl sie sogar anspruchsberechtigt wären. Aus diesen Gründen fordern wir schon lange eine elternunabhängige und nicht rückzahlungspflichtige Studienfinanzierung. Studieren ist gesellschaftlich notwendige Arbeit und kein Privatvergnügen. Das sollte entsprechend entlohnt werden.

In der jetzigen Situation können wir diese Forderung nur wiederholen: Gebt uns keine Kredite, keine Teilzuschüsse – sondern einen ordentlichen Vollzuschuss, von dem man leben kann. Erst recht jetzt in Pandemiezeiten brauchen wir unkomplizierte Unterstützungszahlungen, damit niemand sein Studium abbrechen muss, damit wir Miete zahlen, damit wir einkaufen gehen – damit wir LEBEN können.

Gemeinsam für Solidarität. Heute, morgen und zu aller Zeit. (Redebeitrag zum 1. Mai)

Liebe Kommiliton*innen, liebe Kolleg*innen, liebe Genoss*innen und Genossen,

vor drei Wochen hat der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein Gesetz erlassen, das vorsieht, systemrelevante Beschäftigte nun bis zu zwölf Stunden täglich arbeiten zu lassen. Das ist eine absolute Zumutung in Zeiten der Corona-Pandemie, wo bestimmte Berufsgruppen sowieso schon bis zum Anschlag arbeiten müssen. Zu sagen: ‘Ihr müsst noch länger arbeiten und an Ruhephasen sparen’ – das ist eine zynische und zugleich gefährliche Maßnahme. Diese Entscheidung versucht in erster Linie, Missstände zu kaschieren, die durch jahrzehntelange Politik der Profite, Personalkürzungen und Arbeitszeitverdichtung herbeigerufen wurden.

Der 8h Tag ist eine elementare Errungenschaft der historischen Arbeiter*innenbewegung und nun meint ein Minister der SPD, diese von heute auf morgen einfach absägen zu können? Wir sagen daher: Weg mit dieser Regelung! 12h-Schichten kosten Menschenleben! Denn es gibt einen Zusammenhang zwischen der Länge von Arbeitsschichten und der Überlebenswahrscheinlichkeit von Patient*innen und der Ansteckungswahrscheinlichkeit von Krankenhaus-Mitarbeiter*innen. Stattdessen muss nun die Frage des Gesundheitsschutzes aller Beschäftigten an erster Stelle stehen und nicht die noch intensivere Belastung von Beschäftigten, die sowieso schon unter Hochdruck arbeiten müssen!

Vereinzelung vs. Protest

Die Wut auf Spaziergänger*innen und Freundesgruppen, die sich immer noch draußen aufhalten, ist groß. Wir finden Wut wichtig, doch sind wir doch lieber wütend auf diejenigen, die unser öffentliches Gesundheitssystem seit Jahrzehnten demontiert haben. Die, die zuerst Schulen, KiTas, Unis, Kultur- und Musikveranstaltungen schließen lassen, während Fabriken, Logistik-Zentren und Call-Center munter weiterlaufen dürfen. Steckt man sich etwa nur privat an?

Das führt dazu, dass wir uns gegenseitig demontieren und disziplinieren – die Schuld und Verantwortung der Krise bei den Menschen suchen, denen wir doch eigentlich am nächsten stehen sollten. Es führt dazu, dass wir den Blick fürs große Ganze verlieren, verlernen die Mechanismen einzuordnen, die diese Krise ermöglichen und uns die Ausmaße so ungleich erleben lassen. Und es führt dazu, dass wir verlernen ernsthaft solidarisch zu sein, uns der Probleme anderer Menschen anzunehmen und uns gemeinsam für eine Abschaffung der Verhältnisse, die der Kapitalismus verursacht, zu organisieren. Gerade jetzt müssen wir kollektive Momente schaffen, um der individuellen Isolation entgegenzuwirken. Daher sind Aktionen richtig und wichtig!

Blick zurück

Die Welt steuert momentan sehenden Auges auf eine Wirtschaftskrise zu, die vielleicht alles übertreffen wird, was die Menschheit je erlebt hat. Was dies konkret bedeutet, wie sich unser Leben und die Welt in den kommenden Monaten und Jahren gestalten wird, können wir jetzt noch kaum absehen. Ein Blick auf die Krisenerfahrung von 2008 und den Jahren danach – also die Bankenrettung, die europäische Austeritätspolitik, die massenhafte Prekarisierung der Jugenden in Südeuropa oder die Etablierung des größten Niedriglohnsektors Europas hierzulande – vermitteln uns jedoch eine Ahnung davon, wie tiefgreifend die sozialen Verwerfungen sich die nächsten Jahre in die Leben von Millionen von Menschen einschreiben könnten.

Die Ausgangsbedingungen für eine gesellschaftliche Linke, die für eine gerechtere Welt streitet, hat sich wahrlich nicht verbessert. Doch wir wissen auch, dass soziale Verwerfungen nach 2008 und der Klassenkampf der Merkels, Schäubles etc. von oben von massiven Kämpfen und Bewegungen von unten begleitet wurden, die eine ganze Protestgeneration auf die Bühne der Geschichte haben treten lassen. Ob die Krise 2020 wieder von dem Großteil der Bevölkerung getragen wird oder nicht, wird eine Frage von konkreten Kämpfen bleiben, die in den nächsten Jahren unweigerlich anstehen werden. Kollektiver Widerstand und der Aufbau von Kämpfen mit Durchsetzungsperspektive müssen unsere Antwort sein auf die Krise 2020. Was das bedeutet, wollen wir kurz und knapp an ein paar Beispielen erläutern.

Wer zahlt die Krise?

a) Systemrelevante Berufe

Durch Corona hat sich der Fokus der Gesellschaft verschoben, weg von den Anzugträgern und DAX-Spezialist*innen nach der Tagesschau, hin zu den Menschen die unser System tatsächlich tragen, dafür aber viel zu schlecht bezahlt werden. Neben gesellschaftlicher Aufwertung braucht es reale Verbesserungen der Arbeitsbedingungen und mehr Gehalt!

Daher schließen wir uns den Forderungen von ver.di an die Arbeitgeber im Handel an: Es braucht einen Tarifvertrag jetzt zum Kurzarbeitergeld, der für alle Handelsbranchen allgemein verbindlich gilt. Ein ausreichender Gesundheitsschutz ist längst überfällig und es darf auf keinen Fall zur Ausweitung der Arbeitszeit kommen!

Es ist jetzt Aufgabe der Gewerkschaften, den Schutz von Leben und Gesundheit ihrer Mitglieder in der Pandemie gegen wirtschaftliche Profitinteressen zu verteidigen. Prämien während der Pandemie sind ein Anfang – aber da geht mehr und wir als Linke sind gefordert, die Anliegen der Beschäftigten zu unterstützen.

b) Haushalt und Care-Arbeit 

Auch die unsichtbare Sorgearbeit, die primär von Frauen geleistet wird, nimmt momentan zu. Die Kitas und Schulen haben geschlossen, sodass die Kinderbetreuung zu Hause stattfinden muss, während oft gleichzeitig der normale Arbeitsalltag oder Home-Office zu meistern ist. Daher fordern wir staatliche Konzepte für die Kinderbetreuung, v.a. für alleinerziehende Mütter und Väter! 

Und wo wir schon bei Haushaltsfragen sind: 

Während Vonovia und Co. weiter fröhlich Dividenden erhöhen und ausschütten, weigern sich Immobilienkonzerne vehement, die Mietschulden ihrer Mieter*innen zu stunden. In der letzten Finanzkrise profitierten vor allem die großen Immobilienkonzerne von der Krise, indem sie danach ordentlich Wohnungen aufkaufen – das wollen und dürfen wir dieses Mal nicht zulassen. Wir finden: Enteignung und Vergesellschaftung von Wohnungen und Häusern, darf kein Tabu mehr sein!

c) Refugees 

Doch unsere Solidarität darf nicht an den deutschen oder den EU-Außengrenzen enden. Die Bedingungen in den griechischen Geflüchteten-Lagern waren schon vor Ausbruch der Pandemie unerträglich. Bei einem Ausbruch von Covid19 wird es dort zu einer humanitären Katastrophe kommen. Und auch die Seenotrettung im Mittelmeer wird von den EU-Staaten aktiv unterbunden. Dabei hat Europa genügend Platz, um all diesen  Menschen ein sicheres zu Hause zu bieten! 

Jetzt heißt es: Konsequent handeln und eine dezentrale Unterbringung von Geflüchteten umsetzen, denn das Recht auf Gesundheitsschutz muss für alle gelten!

d) Klima

In der Krise werden Unternehmen wie VW, Lufthansa und Co. mit Milliarden vom Staat gerettet. So werden Verluste ohne demokratische Einflussnahme vergesellschaftet. Oder haben wir beschlossen, VW und Co. zu retten? General Motors produziert in der Krise Beatmungsgeräte und Volkswagen Atemschutzmasken. Das ist ein kleiner Schritt in Richtung eines bedürfnisorientierten Wirtschaftens. Dann lasst und doch noch ein paar Schritte dazu machen und weiter in den öffentlichen Nahverkehr und erneuerbare Energien investieren! Lasst uns mitbestimmen, welche Produkte und Dienstleistungen wir wirklich brauchen, was und wie wir produzieren wollen! Lasst uns die Krise von denen bezahlen lassen, die durch schlechte Arbeitsbedingungen, Umweltzerstörung und Globalisierung der Wirtschaft mitverantwortlich für viele der Krisen sind! 

e) Studierende

Und wir wollen nicht vergessen: Neben vielen anderen, finden auch wir Studis uns in einer prekären Lage wieder. Wir verlieren Minijobs oder haben schlichtweg nicht mehr genug Zeit, weil wir jüngere Geschwister betreuen müssen. Wer kein BaFöG bekommt, steckt jetzt ohne zusätzliches Einkommen in der Klemme. Und wer es bekommt. muss um die Regelstudienzeit fürchten. 

Die Uni Dresden zeigt wie es gehen kann und legt mit der Aussetzung der Regelstudienzeit vor. Wir sagen: Die Uni Leipzig muss nachziehen!

Krise ist in diesem System immer. Deswegen warten wir nicht bis auf das schreckliche Ende dieser Pandemie. Wir warten nicht darauf, dass noch mehr Menschen durch fehlende Versorgung, schlechte Arbeitsbedingungen und eine autoritäre Antwort der Herrschenden unter der Krise leiden müssen. Wir kämpfen heute gegen voranschreitende Privatisierung, gegen die Eindämmung des sozialen Miteinanders, gegen zunehmendes Konkurrenzdenken in allen öffentlichen Bereichen.

Dafür kämpfen wir heute. Dafür kämpfen wir morgen, übermorgen und zu aller Zeit!

Covid-19 | Versuch einer politischen Einordnung

Wir haben uns in den letzten Tagen in Videokonferenzen und Chatgruppen über die aktuellen Entwicklungen ausgetauscht. Mit diesem Text wollen wir unsere Debattenergebnisse auch Euch zur Verfügung stellen. Wir haben versucht einige Hinweise auf weitere lesenswerte Artikel einzubauen. Über Kommentare, weitere Verweise und Ideen sind wir sehr dankbar.

Die strukturellen Ursachen

Es scheint, als sei das Coronavirus wie eine Sintflut über uns hereingebrochen. Jedoch ist die Entstehung und Verbreitung von Covid-19, SARS oder Ebola an spezifische Zusammenhänge und Bedingungen unserer kapitalistischen Gesellschaft geknüpft, auf die wir in der Folge eingehen werden. Epidemien haben sich in den vergangenen Jahrzehnten vermehrt gehäuft. Tim Benton, britischer Professor für Bevölkerungsökologie, macht eine Ursache dafür entscheidend verantwortlich: »Je mehr wir die Umwelt verändern, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir Ökosysteme stören und Krankheiten die Möglichkeit bieten, sich zu entwickeln«. Oder anders formuliert: Je weniger wir den Planeten vor der Zerstörung durch große Konzerne schützen, desto größer werden die Bedrohungen für unser Leben: Klimawandel, Naturkatastrophen, neue Krankheiten.

Expandierende Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion

Großindustrielle Farmen, die ungebremste Zerstörung tropischer Regenwälder, die Rodung riesiger Agrarflächen durch private Investoren und der Anbau monokultureller Futtermittel sind hängen miteinander zusammen und verändern unsere Ökosysteme gravierend. Die Enteignungspraxis im neoliberalen Kapitalismus ruft fatale Folgen für Böden, Flora und Fauna hervor. Durch die Zerstörung von Lebensräumen und intakten Ökosystemen wird ein Verlust der Artenvielfalt erzeugt sowie die Veränderung der Zusammensetzung der Säugetierpopulation. Weniger Artenvielfalt bedeutet mehr Tiere einer Art. Wenn mehr Tiere einer Art im selben Lebensraum vorkommen, können sich Infektionskrankheiten zwischen den Tieren einer Art besser verbreiten, so Kathrin Hartmann im Freitag. Des Weiteren verringert sich dadurch die räumliche Distanz von Mensch und Wildtier stetig. Die dadurch entstehende Schnittstelle begünstige sogenannte “Zoonosen”, also die Übertragung von Infektionskrankheiten vom Tier auf den Menschen. SARS, Ebola und auch Covid-19 sind dabei nur die prominentesten dieser zoonotischen Infektionskrankheiten mit globalen Auswirkungen.Auch nach einer erfolgreichen Übertragung bietet die gegenwärtige industrielle Landwirtschaft optimale Voraussetzungen für die Verbreitung von Viren. Der Evolutionsbiologe Rob Wallace beschreibt in seinem 2016 erschienen Buch “Big Farms Make Big Flu” die Zusammenhänge von Produktionsmethoden der industriellen Landwirtschaft und die Ausbreitung dieser. In einem aktuellen Interview stellt er Bezüge zur Entstehung des Coronavirus her und benennt unter anderem die hohe Populationsdichte und die Züchtung genetischer Monokulturen, als Gründe für das vermehrte Auftreten tödlicher Infektionskrankheiten. Ein zweiter relevanter Faktor bei der Entstehung von Schnittstellen für zoonotische Übertragungen ist die zunehmende Vermarktung von Wildtieren, wie der Chefarzt der Wildlife Conservation Society, Christian Walzer im National Geographic anschaulich darlegt. Sie werden illegal gejagt, gefangen und für unterschiedlichste Zwecke auf dem Weltmarkt angeboten. Der hohe Konkurrenzdruck zwingt die Jäger hierbei immer tiefer in die Wälder vorzudringen. Je seltener und je mehr Aufwand hinter dem Fang steht, desto teurer kann die Ware Tier später verkauft werden.

Es wird daher deutlich: Die industrielle Landwirtschaft und Kommerzialisierung von Lebewesen zur Fleischproduktion im gegenwärtigen neoliberalen Kapitalismus begünstigt die Entstehung und Verbreitung von Viren wie COVID-19. Ohne einen Blick auf diese Verhältnisse ist die gegenwärtige Pandemie-Krise nicht zu verstehen.

»Austerity kills!«
Doch nicht nur die Entstehung der Pandemie ist eng mit der Art und Weise, wie unsere Wirtschaft organisiert ist, verbunden. Der scheinbar plötzliche Ausbruch trifft an den meisten Orten auf unvorbereitete Gesundheitssysteme. Das kommt nicht von ungefähr: In den letzten Jahrzehnten und insbesondere seit der großen Finanzkrise 2008, hat die EU ihre Mitgliedsstaaten dazu getrieben, im Gesundheitssektor massiv einzusparen. Auf Vorschlag der EZB senkte Italien in den letzten Jahren die Anzahl seiner Krankenhäuser um 15%, wie Alexis Passadakis im Freitag berichtet. Diese Austeritätspolitik der Troika, so seine treffende Zusammenfassung, ist tödlich. Auch in Deutschland leidet die Gesundheitsversorgung unter Profitdruck. »Der Niedergang der Krankenhauspflege verlief über zwei wichtige Stationen«, schreibt der Gewerkschafter Kalle Kunkel, ebenfalls im Freitag: »1997 wurde die letzte Form von Personalbemessung abgeschafft, weil sie – so die explizite Begründung im Gesetzesentwurf – der angestrebten marktförmigen Steuerung der Krankenhäuser im Weg stand. 2003/04 wurden dann die Fallpauschalen (Diagnosis Related Groups, DRG, deutsch: diagnosebezogene Fallgruppen) eingeführt. Damit war die Pflege endgültig zu einem Kostenfaktor im Preissystem degradiert und der Abbau der Pflegestellen beschleunigte sich noch einmal. Auf seinem Höhepunkt fielen diesem Kahlschlag ca. 50.000 Pflegestellen zum Opfer, während die Patient*innenzahlen seit Einführung der DRGs immer weiter anstiegen. Entsprechend stieg die Anzahl der Patient*innen pro Pflegekraft.« Auf diese Zustände haben Pflegekräfte gemeinsam mit ver.di und auch der LINKEN seit Jahren aufmerksam gemacht. Dennoch forderte die Bertelsmann-Stiftung noch vergangenes Jahr, jedes zweite Krankenhaus in Deutschland zu schließen. In den kommenden Wochen und Monaten wird es darauf ankommen, dass wir die Pflegekräfte in ihrer Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen mit aller Kraft unterstützen, denn »es kann nicht sein, dass ein Krankenhaus Profite erwirtschaften muss und Fragen der Versorgung zu Gunsten von Gewinnen in den Hintergrund treten«, wie Ellen Ost, die am Uniklinikum in Jena arbeitet es in einem lesenswerten Interview mit der LuXemburg formuliert.

Die Profitorientierung im Gesundheitswesen hat noch in einer weiteren Hinsicht fatale Folgen für die aktuelle Krise. Große Pharmakonzerne haben kein Interesse an einer langfristigen Planung zur Vorbeugung von Pandemien, da dies keinen sicheren Profit bringt. In einem Artikel für das Jacobin-Magazin stellt der marxistische Geograph David Harvey fest: »Corporatist Big Pharma has little or no interest in non-remunerative research on infectious diseases (such as the whole class of coronaviruses that have been well-known since the 1960s). Big Pharma rarely invests in prevention. It has little interest in investing in preparedness for a public health crisis. It loves to design cures. The sicker we are, the more they earn.«Die Forschung an und Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten gehört in öffentliche Hand und damit unter demokratische Kontrolle. Das wird aktuell mehr als deutlich. Wie absurd der Status Quo ist, zeigt die zuletzt mit viel medialer Aufmerksamkeit bedachte Absage Dietmar Hopps, SAP-Chef und (zurecht) verhasster Hoffenheim-Mäzen, an Donald Trump, den USA einen potentiellen Impfstoff zu verkaufen. Weder Trump noch Hopp sollten in dieser Hinsicht etwas entscheiden dürfen. Stattdessen sollten die zahlreichen Firmen, die aktuell in Konkurrenz zueinander an einem Impfstoff forschen, ihre Ressourcen und Erkenntnisse bündeln.

Die Krise trifft nicht alle gleich

Das Coronavirus trifft hierzulande nicht alle Menschen gleich. Die gesellschaftlichen Verhältnisse, in denen Corona jedoch auftrifft, umso mehr. Die Corona-Pandemie und die Krisenbewältigung der Regierung wirken geschlechtsspezifisch, treffen Migrant*innen besonders hart und lassen die Klassenverhältnisse verstärkt zu Tage treten.Die Lebenslage entscheidetKrise bedeutet nicht gleich Krise. Sowohl die unmittelbaren Auswirkungen der Pandemie als auch die Folgen der von der Bundesregierung ergriffenen Maßnahmen treffen Menschen auf unterschiedliche Weise und legen dabei den Charakter unserer Klassengesellschaft offen.
Wegen der Ausbreitung des Virus werden zunehmend Unternehmen, Betriebe und Büros geschlossen. Home Office ist das Gebot der Stunde. Doch was geschieht mit den Arbeitnehmer*innen, für die Arbeit von Zuhause aus keine Option ist? Laut Prognosen werden ca. 2,35 Millionen Menschen zukünftig auf das sogenannte Kurzarbeiter*innengeld (KuG) angewiesen sein. Die bislang höchste Zahl an Betroffenen stammt aus dem Jahr 2009, als durch die Wirtschaftskrise, 1,4 Millionen Menschen das KuG in Anspruch nahmen. Derzeit plant die Bundesregierung ein KuG von gerade einmal 60% des monatlichen Nettogehalts für kinderlose Beschäftigte und 67% für Beschäftigte mit Kindern. Das ist viel zu wenig und bedeutet insbesondere für Geringverdienende die Existenzbedrohung. Aktuell fordert ver.di eine Aufstockung des KuG auf mindestens 90%. Die LINKE-Abgeordnete Susanne Ferschl erklärte in einem Interview mit der Jungen Welt, warum nur so eine Existenzsicherung für die Beschäftigten möglich ist. Doch bisher hat die Bundesregierung wenig Einsehen für die Situation der Arbeitnehmer*innen gezeigt. Stattdessen werden mehr und mehr Gelder auf die Rettung von Unternehmen konzentriert.Des Weiteren können wir beobachten, dass durch die aktuelle Lage zunehmend Infrastrukturen wegfallen, die versuchen dort auszuhelfen, wo der Staat bereits vor der Krise versagt hat. In den letzten Wochen mussten 400 der insgesamt 948 Tafeln im Bundesgebiet geschlossen werden, wie der Dachverband erklärt. Jedoch sind rund 1,65 Mio. Menschen in Deutschland auf sie angewiesen. Und diese Zahl wird weiter steigen. Die Tafel prognostiziert dies nicht nur aufgrund ausbleibender Lohnfortzahlungen, sondern auch weil mit der Schließung von Schulen und KiTas günstige Mittagessen entfallen. Während Eltern aus einkommensschwachen Verhältnissen sich nun gezwungen sehen, die Versorgung ihrer Kinder über gemeinnützige Strukturen zu sichern, können reiche Haushalte sich bequem überteuerte Lebensmittel per Lieferdienst in ihr Eigenheim bringen lassen.Doch die Klassenverhältnisse drücken sich nicht nur im Zugang zu Lebensmitteln aus. Auch die Versorgung bei etwaiger Betroffenheit durch das Virus bemisst sich am eigenen Geldbeutel. Privatpatient*innen können sich durch teure Zusatzversicherungen eine bevorzugte Behandlung leisten oder sogar Vorsorgemaßnahmen ergreifen und sich eigenes medizinisches Equipment kaufen. Auch das Vitamin B in Krankenhäusern und Praxen wird in diesen Tagen zur begehrten Ware. In Ländern wie den USA nehmen diese Entwicklungen noch groteskere Züge an. Zwar hat die USA im internationalen Vergleich mit einer Anzahl von 25,4 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner*innen eine verhältnismäßig große Abdeckung, doch wer in diesen Betten liegen darf oder sich überhaupt auf Corona testen lassen kann, bleibt eine Frage der individuell abgeschlossenen Krankenversicherung.

»Who run the World?«

Mit der Corona-Krise offenbaren sich derzeit die tragenden Säulen unser Gesellschaft. Es wird deutlich, wie unerlässlich die Arbeit von vielen sozialen Berufsgruppen und Berufen aus dem Dienstleistungsbereich sind. Viele von diesen werden überdurchschnittlich oft von Frauen ausgeübt, sind schlecht entlohnt, finden in Teilzeit statt oder weisen schlechte arbeitsrechtliche Absicherungen auf. In den Krankenhäusern oder in der Altenpflege wird dieser Umstand eklatant sichtbar: Mit 80 Prozent sind es überwiegend Frauen, die in diesem Sektor beschäftigt sind. Überlastung und Personalmangel herrschen seit Jahren, auch ohne Corona-Krise. Weltweit stehen Krankenpfleger*innen in der ersten Reihe im Kampf gegen die Virus Erkrankung.Bundesweit hängen deshalb Banner in Städten von Ultras zahlreicher Fußballvereine. Darauf zu sehen sind Danksagungen für die Arbeit der Pfleger*innen. Viele Stimmen wurden in den vergangen Tagen laut, die eine Aufwertung sozialer Berufe fordern. Dies ist ein wichtiges Signal aus der Gesellschaft, muss nun jedoch auch mit der Forderung nach angemessenem Schutz von Pfleger*innen und Patient*innen in den Krankenhäusern verbunden werden, wie es beispielsweise die Beschäftigten bei Vivantes und der Charité in einem offenen Brief fordern. Auf was die Pfleger*innen aber auf lange Sicht angewiesen sein werden ist die solidarische Unterstützung in ihren Kampf um bessere Arbeitsbedingungen und mehr Entlastung in den Krankenhäusern.Auch sind Frauen stärker von der Krise betroffen, weil die Schließung von Schulen und Kindertagesstätten zur Folge hat, dass v.a. Frauen jetzt unter erschwerten Bedingungen Kinderbetreuung, Berufstätigkeit und Haushaltsarbeit organisiert bekommen müssen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Gewalt von Männern gegenüber Frauen in den eigenen vier Wänden zunehmen wird. In China hat sich während der Corona-Krise die Anzahl der Fälle häuslicher Gewalt nachweislich verdreifacht.

#Stayhome? Antirassistische Perspektiven
Der Hashtag #stayhome macht die Runde und das Einhalten von sozialer Distanz bleibt angebracht und richtig. Doch für viele Menschen ist aufgrund der EU-Grenzpolitik unmöglich »zuhause« zu bleiben oder sich auch nur von anderen Menschen zu distanzieren. Über 40.000 Menschen sitzen unter elendigen Bedingungen und ohne Zugang zur Hygieneversorgung in menschenverachtenden Lagern auf den griechischen Inseln fest, während hunderttausende deutsche Tourist*innen in der größten Rückholaktion der Geschichte nach Deutschland geflogen werden. Während sich in Deutschland Menschen nur noch zu zweit draußen treffen dürfen, wohnen Geflüchtete in Moria dicht gedrängt zu Vielen unter Planen und in Zelten. Um auf Toilette zu gehen, müssen sie sich in endlosen Schlangen anstellen, Seife steht nicht zur Verfügung. Mittlerweile wird die Wasserversorgung in den Camps rationiert, die Lebensmittelversorgung wird auf 1.000 Kalorien pro Campbewohner*in beschränkt. Diese Menschen haben keinerlei Chance sich vor dem Virus zu schützen. Ärzte ohne Grenzen warnen in einem Bericht der Zeit deshalb vor der Schutzlosigkeit, mit der die Menschen in den Camps der Epidemie ausgeliefert sind und fordern die Evakuierung der Lager, damit sich diese wie alle anderen vor dem Virus schützen können.Die Situation von Geflüchteten in Deutschland offenbart ebenso, wie das Erkrankungsrisiko und die staatlichen Schutzmaßnahmen eng an Herkunft und Pass gebunden sind. In Massenunterkünften, wie Erstaufnahmelagern und Abschiebezentren, fehlt es nicht nur an Informationen, sondern auch an geeigneten sanitären Bedingungen und Schutzausrüstung. Ganze Lager mit über 500 Bewohner*innen werden unter Quarantäne gestellt. Women in Excile hat bereits am 16. März auf die schlechte Informationslage, den miserablen Zugang zur medizinischen Versorgung und die Gefahr vor steigenden rassistischen Attacken auf Geflüchtete hingewiesen. Mit Falschinformationen seitens der Polizei über angeblich islamistische Fahnen beim Einsatz im Thüringer Asylheim in Suhl wird rechtsradikales Gedankengut befeuert, menschliche Abwertung legitimiert. Die Falschmeldungen wurden zur rechten Kampagne und Geflüchtete erhielten massenhafte Drohungen im Netz. Trotz der Forderung von Pro Asyl, Flüchtlingsräten und der sächsischen Linksfraktion den Vollzug der Abschiebehaft und Abschiebungen auszusetzen, halten Länder an der Abschiebepraxis fest.Zur selben Zeit schlägt die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner vor, Asylbewerber*innen mit temporärer Aufhebung des Arbeitsverbots zur Spargelernte einzusetzen. Dieser zynische Vorschlag zeigt einmal mehr, zu was Migrant*innen und Geflüchtete degradiert werden: Fremdkörper, die höchstens als günstige und besonders ausbeutbare Arbeitskraft dienen sollen.

Weltwirtschaftskrise und der drohende Kollaps

Im Zuge der Corona-Krise sagen Ökonom*innen eine Weltwirtschaftskrise voraus, die die Krise von 2008 übertreffen soll und unser zukünftiges Leben auf der Welt gravierend verändern könnte. Hinweise darauf liefern das Erdbeben an den Börsen, die Prognose der Internationalen Arbeitsorganisation von millionenfacher Arbeitslosigkeit oder die sich anbahnende globale Rezession von historischem Ausmaß, die all jene Krisen übersteigen soll, die bisher aus Wirtschaftskrisen oder Naturkatastrophen der vergangenen Jahrzehnte bekannt sind. Linke Ökonom*innen weisen darauf hin, dass bereits seit der post-Krisenphase 2009 die Weltwirtschaft von niedrigen Wachstumsraten und bereits eintretenden Rezessionen geprägt war. Die globale Weltwirtschaft begriff sich auch ohne Corona im Niedergang. Dem marxistischen Ökonomen Michael Roberts zufolge sei die Corona Epidemie daher keine externe Krisenursache, sondern »the trigger to speed that up—and deepen it«. Vor diesem Hintergrund müssen wir die derzeitigen gesellschaftlichen Entwicklungen betrachten und zukünftige politische Entscheidungen bewerten.

Die Antwort der Regierung

Seit Bekanntwerden der Schwere der Krise hat die deutsche Regierung verschiedene Maßnahmen ergriffen. Teilweise deutlich zu spät oder ohne erkennbare Gründe, was wiederum ihre Wirksamkeit in Frage stellt. So wurden am 16. März die Grenzen zu Deutschlands Nachbarstaaten geschlossen. Jedoch waren zu diesem Zeitpunkt bereits etliche Corona-Fälle im Land bekannt, trotzdem wurde der Pendler*innen- und Warenverkehr noch immer fortgesetzt. Welche Form der Grenzschließung soll das also sein? Es scheint, dass Politiker*innen durch nationalistische Abschottung ein Gefühl von Sicherheit vermitteln wollen. Doch ein Virus macht nicht vor Ländergrenzen halt. Exklusiven Schutz für die eigene Nation gibt es nicht. Stattdessen demonstriert ein Donald Trump, welcher versucht Impfschutz ausschließlich für die USA zu erwerben, wohin Anwandlungen wie “America first” führen können. Zudem geben Politiker*innen wie Horst Seehofer offen zu, dass die Krisenlage in Deutschland für sie Anlass genug sind, sich auch über Recht und Gesetz hinwegzusetzen. Selbstverständlich immer zum Wohle der Nation.

Seit dem 23. März gilt ein umfassendes Kontaktverbot in Deutschland, wonach der Aufenthalt im Freien mit nur einer nicht im eigenen Haushalt lebenden Person und unter Einhaltung eines Mindestabstands von 1,5m gestattet ist. Diverse Geschäfte und öffentliche Orte wurden geschlossen, um die Menschen dazu anzuhalten, daheim zu bleiben. Wenn man bedenkt, dass in vielen Fertigungshallen, Betrieben sowie Callcentern die Arbeit fortgesetzt wird und dies unter geringen bis teilweise überhaupt nicht vorhandenen Schutzmaßnahmen, wird das strenge Kontaktverbot zur Farce. Es zeigt letztlich, dass die Prioritäten des Staates eher beim Proft als beim Wohl der Menschen liegen. Richtig wäre es nun auch alle Betriebe zu schließen, die nicht zwingend notwendig für die Aufrechterhaltung der Infrastruktur sind – bei Lohnfortzahlung und staatlicher Unterstützung der Beschäftigten. Personen in prekären ökonomischen Situationen sind zudem deutlich stärker von den psychologischen und mentalen Folgen des Social Distancing bzw. der Isolation betroffen. Als alleinerziehende Mutter mit Kindern in einer 2-Raum-Wohnung gestalten sich die Quarantänemaßnahmen deutlich belastender als in einem Haus am Stadtrand und mit Garten. Die massiven Einschränkungen unserer Freiheitsrechte müssen vollständig zurückgenommen werden, sobald sich die Lage beruhigt. Es gilt zu verhindern, dass die Corona-Krise als Vorwand genutzt wird um den Staat dauerhaft mit derart autoritären Befugnissen auszustatten.

Die Verantwortung für die Gesundheit wird individualisiert und Spaziergänger*innen im Park werden zur Ursache des Zusammenbruchs unseres Gesundheitssystems erklärt. Die eigentliche Verantwortung der Politik wird gekonnt verschleiert, stattdessen an die individuelle Verantwortung aller appelliert. Ohne entsprechende wirtschaftliche Regelungen werden weiterhin viele Menschen jeden Tag gezwungen, zur Arbeit zu gehen und sich somit der Ansteckungsgefahr auszusetzen. Nicht jede und jeder Einzelne ist dafür verantwortlich, sondern die Politik der Bundesregierung. Die Kolleginnen und Kollegen im Krankenhaus, im Einzelhandel und allen »systemrelevanten« Berufen tragen die größte Last der gegenwärtigen Krise. Uns alle treffen die Einschränkungen (wenn auch in unterschiedlichem Maße), wir alle teilen die Sorgen. Doch verantwortlich sind diejenigen, die Krankenhäuser geschlossen haben, Gesundheit zur Ware gemacht haben und daran nichts ändern.

Neue Bedingungen, gleiche Aufgaben: Solidarische Perspektiven von Links

Nach der Corona-Krise wird vieles anders sein. Wie die Gesellschaft nach der Pandemie aussieht, ob sie in neue Kapitel aufbricht oder die Katastrophen der Gegenwart nur verstärkt – das hängt auch an uns – der gesellschaftlichen Linken, der Jugend, denen die mitreden wollen. Wir sind gut beraten schnell zu lernen wie unter den veränderten Bedingungen wirksam Politik gemacht wird. Deshalb ist es sehr wichtig, die eigenen Treffen und den Austausch untereinander weiterhin aufrechtzuerhalten. Möglichkeiten zur digitalen Vernetzung gibt es genug. Doch nicht der (hoffentlich) kurzweilige Umstieg auf digitale Kommunikation ist die entscheidende Neuerung dieser Tage. Es ist die kollektive Krisenerfahrung, das Systemversagen, das ein neues Fenster für sozialistische Politik eröffnet. Klingt nach Hoffnung, ist es auch. Dies sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich dieses neue Fenster im Kontext einer Weltwirtschaftskrise öffnet, die zumindest wir – junge Menschen, die gerade an der Universität studieren – so noch nie erlebt haben. Die Bedingungen unserer Politik wandeln sich gerade in gefühlter Lichtgeschwindigkeit und wir alle sind herausgefordert sie zu analysieren, zu versuchen, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen, die passenden politischen Antworten zu formulieren und zu organisieren. Die entscheidende Aufgabe bleibt aber letztlich dieselbe: Den Bruch mit einer Weltwirtschaftsordnung organisieren, die nicht die unsere ist und zunehmend unsere Lebensgrundlage zerstört.

Mit dem Hashtag #stayhome appellieren Menschen weltweit an ihre Mitmenschen, zuhause zu bleiben. In Italien sind bei einem Spendenaufruf innerhalb von wenigen Stunden Millionensummen zusammengekommen. Es entstehen solidarische Nachbar*innenschaftshilfen für Menschen aus Risikogruppen und sogenannte Gabenzäune, an denen Essen, Kleidung und Hygieneartikel für wohnungslose Menschen aufgehängt werden. Wir sehen eine Welle der Solidarisierung und Wertschätzung von Krankenhauspersonal und anderen Menschen, die in systemrelevanten Berufen arbeiten. Das ist eine Chance, um Solidarität, gegenseitige Anteilnahme und kollektives Handeln wieder stärker in den Köpfen der Menschen und der Gesellschaft zu verankern.Auf diese Solidarität können wir uns beziehen, wenn es darum geht zu fordern, dass es nicht wir sind, die die Krise bezahlen müssen. Auch auf die Wertschätzung, die dem Krankenhauspersonal gerade entgegengebracht wird, können wir aufbauen, um für bessere Bedingungen im Pflegebereich zu kämpfen. Und auch ein kollektives Gefühl gemeinsam gehandelt zu haben, kann eine Chance für gemeinsame Bewegungen sein. Dabei ist es aber auch unsere Aufgabe diese Kollektivität zu politisieren. Klar zu machen, dass Solidarität alle Menschen einschließen muss und nicht an den Grenzen Europas oder vor dem nächsten Abschiebelager halt machen darf. Die Nachbarinnen*schaftssolidarität kann und muss zu internationaler Solidarität wachsen und verstehen, wer ihr gegenüber steht: Die Bundesregierung und Profitinteressen.

Für die kommenden Wochen halten wir daher zwei Dinge für besonders wichtig:
1. Kühlen Kopf bewahren: Der Staat ist immer noch der Staat. In unserer Wut wie auch in unserer Angst um Großeltern, Freund*innen, Bekannte dürfen wir nicht vergessen, was wir gelernt haben. Der Staat im Kapitalismus – insbesondere im Neoliberalismus – ist immer noch Teil eines Herrschaftsverhältnisses. Er ist nicht der Staat der Vielen, derjenigen, die die Gesellschaft am Laufen halten. Er ist in letzter Instanz der Staat der Wenigen, derjenigen, die uns in diese Misere gebracht haben. In marxistischer Theorie sprechen wir deshalb vom »ideellen Gesamtkapitalist«. Jetzt heißt es kühlen Kopf bewahren und alle Maßnahmen – seien es Sperren, Verbote oder was auch immer – mit dem Wissen beurteilen, wessen Interessen auch der bundesdeutsche Staat in den Jahrzehnten seiner Existenz am Ende des Tages geschützt und zum Allgemeininteresse erklärt hat. Wenn Mannschaftswagen in unseren Parks uns also vor der Pandemie schützen sollen, indem sie das Sitzen auf einer Parkbank sanktionieren; die Kolleginnen und Kollegen bei amazon und in vielen weiteren Betrieben mit mangelndem Schutz aber weiterarbeiten – wundert euch nicht. Wenn Prinz Charles innerhalb eines Tages getestet wird, andere gar nicht – wundert euch nicht. Wenn Merkel sagt »jede und jeder Einzelne« ist gefragt, von »Wir« spricht, dann aber beim Kurzarbeiter*innengeld den Gewerkschaften die kalte Schulter zeigt und sowieso immer zu vergessen scheint, dass sie den Zustand des Gesundheitssystems als Regierungschefin ja verantwortet – dann wundert Euch nicht.

2. Keine Angst vor großen Fragen, aber auch Präzision bei den Kleinen. Ein Fenster für sozialistische Politik öffnet sich, radikale Antworten werden einen Aufschwung erleben. Das bedeutet für uns deutliche Ansagen zu machen: Ja, das ist Systemversagen. Ja, das muss grundsätzlich, radikal – also von der Wurzel her – anders gemacht werden. Doch das bedeutet auch, nicht nur dieselben Sachen jetzt lauter zu wiederholen, die wir in unsere kleinen Papierchen, Posts und Tweets hauen, wenn das Fenster zur anderen Welt geschlossen zu sein scheint. Wir stehen so vor der doppelten Herausforderung, dem Gefühl der Wut über die gegenwärtigen Verhältnisse einen radikalen Ausdruck zu verleihen und gleichzeitig nächste konkrete und realistische Schritte anzubieten. Lernen, Kämpfe aufzubauen und zu führen, lernen sie zu gewinnen. Darum wird es jetzt noch mehr gehen als zuvor. Für uns heißt das: Gegenseitig bilden in Theorie & Praxis sozialistischer Politik, mit Vorträgen unseres Bundesverbandes Die Linke.SDS und den Organizing-Lectures der Rosa-Luxemburg-Stiftung und mit allem, was wir noch auf die Beine stellen. So machen wir uns bereit für die kommenden Kämpfe und Bewegungen. So machen wir uns bereit dafür zu sorgen, dass die Reichen die gegenwärtige wie die zukünftige Krise zahlen werden.

Wie weiter mit der Klimabewegung?

Neue Rechte und Klimawandel

Neue Rechte, das ist nicht nur drohender Faschismus, sondern auch ein reaktionärer Bezug zum Klimawandel. Vom Erhalt der Braunkohleabbaugebiete zur vermeintlichen Arbeitsplatz- und Versorgungssicherung, bis hin zu Klimawandelleugnung. Von Repressionen gegen Klimaaktivist*innen und der Aufrechterhaltung kapitalistischer Herrschaftsverhältnisse. Die Veranstaltung erörtert Folgen und Perspektiven für die Klimagerechtigkeitsbewegung in Sachsen unter schwarz-blau.

Sozialistische Klimapolitik

Die Klimabewegung wächst, der Druck auf die Politik steigt. Doch wie stellen wir sicher, dass wir am Ende erfolgreich sind?
Welche und wessen Interessen stehen uns gegenüber und was bedeutet das für unsere Strategie? Mit dieser Veranstaltung wollen wir in die Debatte über das »Wie weiter« von Fridays for Future und dem Klimastreik einsteigen. Hilft uns marxistische Theorie um die Bewegung zum Erfolg zu führen? Wie schaffen wir es breite Teile der Gesellschaft in Bewegung zu bringen und wie zwingen wir RWE & Co wirklich in die Knie? Welche Forderungen stellen wir auf, wie erkämpfen wir sie? Wir glauben: Sozialistische Ideen können uns jetzt dabei helfen den nächsten Schritt zu gehen. Darüber wollen wir mit Euch diskutieren. Wir freuen uns auf Euch.

Inputs zu Beginn kommen von:

*Stephan Krull | ehemaliger Betriebsrat bei Volkswagen und mitterweile aktiv im Gesprächskreis Zukunft Auto Umwelt Mobilität (ZAUM) der Rosa-Luxemburg-Stiftung

*Lea Knoff | Aktivistin beim SDS Leipzig und bei Students For Future